Non Nobis Ausgabe 69

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Jahrgang 35 | Dezember 2019 | Heft Nr. 69

www.tempelherren-orden.de

Das Magazin des O RDO M ILITIAE C RUCIS T EMPLI Tempelherren-Orden Deutsches Priorat e. V.

Das Gespenst des Klimawandels und wem es nutzt Seite 16

Das Christentum und die Geschichte der Kreuzzüge Seite 12

RUBRIK INHALT | IMPRESSUM

O RDO M ILITIAE C RUCIS T EMPLI TEMPELHERREN-ORDEN DEUTSCHES PRIORAT E. V.

INHALT

2 Inhalt | Impressum 3 Grußwort des Priors

4 Bericht vom Generalkapitel 2019 in Rendsburg 8 Sind die Muslime eine Gefahr für uns Christen? 11 Aus dem Leben des Templer-Großmeisters Gerard de Ridefort 12 Das Christentum und die Geschichte der Kreuzzüge 14 Vom Wesen des ORDO MILITIAE CRUCIS TEMPLI 15 Herzlich willkommen! Wir begrüßen unsere neuen Ordensbrüder 16 Das Gespenst des Klimawandels und wem es nutzt 20 Aus der Presse 21 Buchtipp 22 Informationen aus den Komtureien 24 Meldungen

IMPRESSUM Herausgeber: Die Ordensregierung Schriftleitung: Hans-Joachim Baumbach, Prior

Kaldenkirchener Straße 3 41063 Mönchengladbach

Tel. 02161 9028875 Fax 02161 9028874

info@tempelherren-orden.de www.tempelherren-orden.de Bildnachweis: H.-J. Baumbach, Claudia Baumbach, Justus Müller, Ordensarchiv Titel: © Oksana - stock.adobe.com

26 Das „Templer Lexikon“ im Internet 27 Die Ordensregierung/ Memorabilis

Gesamtherstellung: FKMVERLAG GMBH Gregor Wick Postfach 24 49 76012 Karlsruhe www.fkm-verlag.com

Impressionen aus dem Gästeprogramm

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Auch zum Generalkapitel vom 13.-15.09.2019 in Rendsburg wurde den Gästen des OMCT Tempelherren-Ordens während der Ordensversammlung der Tempelherren durch die in diesem Jahr einladende Komturei Nord wieder etwas ganz Besonderes geboten. Unter anderem besuchten wir das Wikin- ger Museum in Haithabu. Es gehört zu den bedeutendsten archäologischen Museen Deutschlands und präsentiert seinen Besu- chern am Rande der ehemaligen Handelsme- tropole der Wikinger ein modernes Ausstel- lungshaus mit einzigartigen Originalfunden. Das Museum lädt ins historische Gelände ein, wo sieben Häuser und eine Landebrücke nach originalen Funden rekonstruiert wurden.

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GRUSSWORT DES PRIORS

Grußwort LIEBE ORDENSBRÜDER, SEHR VEREHRTE LESERINNEN UND LESER, hinter dem OMCT und den Menschen in unserem Lande liegt ein Jahr 2019, das leider wenig dazu beigetragen hat, den gesamtgesellschaftlichen Konsens zu stärken. Prägendes Thema der Debatte war immer wieder der „Klimawandel“. Mit „Fridays for Future“ hat sich eine außerparlamentarische Bewegung in Marsch gesetzt, die die Politik und die Parteien vor sich hertreibt. In mehreren Komtureien ist unsere Ordensgemeinschaft in den dortigen Veranstaltungen der Frage nachgegangen,

wie stark tatsächlich der Einfluss des Menschen auf den Wandel des Erdklimas ist und ob es vertreten werden kann, ganze Wirtschaftszweige, die Stütze unseres Wohlstandes sind, zu zerlegen, obwohl die Meinung der Wissenschaft zu diesem Thema keineswegs so einhellig ist, wie stets behauptet wird. Selbstverständlich ist ein jeder von uns in die Verantwortung gestellt, mit den Ressourcen unseres Planeten rücksichtsvoll und achtsam umzugehen. Ein mit dogmatischem Eifer vorangetriebener Aktionismus dient aber tatsächlich eher der Umsetzung weltsozialistischer Pläne und einer globalen Umverteilung von Vermögen unter dem Vorwand, CO2 sei die Hauptursache eines gegenwärtigen Klimawandels und eine Reduzierung des ohnehin bestenfalls 3% betragenen menschengemachten CO2-Ausstoßes, an dem wiederum Deutschland einen Anteil von 2,3% hat, könne die Welt retten. Während tatsächlich eine dogmatische Behauptung ohne jeden experimentellen Beweis Hunderttausende in diesem Jahr auf die Straße getrieben hat, sollte uns eigentlich ein ganz anderer Klimawandel besorgen. Unübersehbar hat sich nämlich das ge- sellschaftliche Klima, angefangen vom Umgang staatlicher Repräsentanten miteinander, bis an die Basis der Bürgerschaft in der kleinsten Gemeinde massiv verändert. Die Gräben werden zusehends tiefer und eine Ausgrenzung ganzer Bevölkerungs- und Wählergruppen sowie das Unterdrücken von Meinungen im politischen Diskurs hat ein erschreckendes Maß angenom- men, erinnert sei hier nur an die Einschränkung der Redefreiheit von Politikern, die auf Einladung an Hochschulen reden wollten, aber niedergebrüllt wurden, wie Christian Lindner (FDP) oder an Bernd Lucke, der gehindert wurde, seinem Lehr- auftrag als Prof. für Volkswirtschaftslehre nachzukommen. In einer Zeit, in der ein wesentlicher Teil unserer Bevölkerung glaubt, seine Meinung öffentlich nicht mehr frei äußern zu dürfen, können solche Vorkommnisse nicht als unbedeutende lokale Ereignisse abgetan werden. Die teilweise gewalttätigen Übergriffe auf Wahlkampfhelfer von Parteien im vergangenen Jahr erinnern vielmehr an unselige Zeiten der Weimarer Republik und müssen jeden überzeugten Demokraten aufrütteln. Auch bezüglich der neuen Meinungshüter sei daher dringend das Zitat von Martin Niemöller (1892-1984) in Erinnerung gebracht:

Als die Nazis die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Kommunist. Als sie die Sozialdemokraten einsperrten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Sozialdemokrat. Als sie die Gewerkschafter holten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Gewerkschaftler. Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte.

Ein jeder von uns ist in dieser Zeit gefordert, sich der Meinungsdiktatur entgegenzustellen, vermeintlich feststehende Fakten eigenständig zu überprüfen und für das Recht eines jeden anderen zu kämpfen, seine Meinung frei zu äußern. Der OMCT lädt Sie gern zum Diskutieren ein. Auch das vorliegende Heft, das wie immer nicht in allen Teilen die Meinung der Ordensregierung darstellt, gibt hierzu Anstöße. Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen. Ihr Hans-Joachim Baumbach Prior

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RUBRIK ORDENSBRUDER HANS-JOACHIM BAUMBACH GEN RALKAPITEL 2019

Bericht vom Generalkapitel 2019 in Rendsburg Obr. Hans-Joachim Baumbach

Jährlicher Höhepunkt des Ordenslebens und auch gesellschaftlicher Höhepunkt ist das Generalkapitel. Hierzu hatte die Ordensregierung im Jahr 2019 vom 13.-15. September nach Rendsburg in das Hotel Convent Garden geladen.

Freitag, 13.09.2019 Aus Anlass des Generalkapitels hat die Ordensregierung zunächst den Ordensrat für 14:45 Uhr ins Tagungshotel einberufen. Nach dem Eingangsgebet begrüßte der Prior die Mitglie- der des Ordensrates. Sodann leitete der Ordenskanzler die Beratungen wie immer mit seinem Jahresbericht ein. Das Protokoll der letzten Sitzung des Ordensrates wurde vorgelegt und genehmigt. Der Ordensrat beriet über die zukünftige Ausrichtungsstätte für den Frühjahrskonvent. Es wurde beschlossen, diesen im Jahr 2020 etwas mehr in die Mitte Deutschlands in den Raum Kassel zu verlegen. Nach einigen weitern internen Gesprächspunkten erstattete auch der Schatzmeister seinen Bericht. Auch die anderen Mandatsträger erhielten Gelegenheit, Kurzberichte über die Arbeit in ihren Sachbereichen abzugeben. Hiernach wies der Kanzler darauf hin, dass die Ordens- versammlung am Folgetag mehrere Wahlhandlungen durchzuführen hätte. Hierüber gab es eine offene aber sehr

harmonische Aussprache. Der Prior signalisierte auf die an ihn herangetragene Bitte seine Bereitschaft, erneut für eine Wiederwahl zu kandidieren und legte dem Ordensrat seine Vorstellung für die Besetzung der einzelnen Ordensämter vor, um eine effiziente Amtsarbeit zu gewährleisten. Ebenfalls besprochen wurde die Themenvorschläge zum Frühjahrskonvent 2020. Hierfür hatte der Ordenskanzler bereits eine entsprechende Beschlussvorlage gefertigt, die großen Anklang, in Teilen auch noch Ergänzung, fand. Nachdem die Ordensratssitzung trotz umfangreichen Pro- grammes planmäßig im Sinne der Tagesordnung geschlos- sen werden konnte, waren inzwischen auch die weiteren Teilnehmer des Generalkapitels angereist. So konnte bereits um 17:00 Uhr gemeinsam im Foyer der Säle des Hotels Convent Garden die Begrüßung durch den ersten Stadtrat Klaus Brunkert, dem Vertreter des Bürgermeisters der Stadt Rendsburg, erfolgen. Herr Brunkert begrüßte die angereisten Generalkapitelteilnehmer herzlich im hohen Norden und stellte kurz zusammengefasst einige Schwer- punkte aktueller kommunaler Herausforderungen vor.

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FRÜHJAHRSKONVENT 2019 GENE ALKAPITEL

Die Rezipienten stellen sich vor.

Samstag, 14.09.2019 Für die Gäste unserer Generalkapitel beginnt der zweite Veranstaltungstag regelmäßig sogar etwas eher, als für die Ordensbrüder. Das Gästepro- gramm führte mit einem modernen Reisebus in die nahegelegene Wi- kingersiedlung Haithabu, wo unsere Damen und die angereisten Gäste unter fachkundiger Führung viel über das Entstehen der Siedlung, der Stadt Rendsburg und über das Leben zwi- schen 700 und 1050 n.Chr. in dieser Gegend lernen konnten. Die Ordensritter versammelten sich kurz danach im Tagungssaal zur Or- densversammlung. Auch bei der Ordensversammlung war es zunächst der Prior, der nach dem Eingangsgebet des evangeli- schen Ordensgeistlichen die Ordens- versammlung begrüßte. Der Ordenskanzler erstattete seinen Jahresbericht. Besonders erfreulich für den OMCT ist in diesem Jahr der Umstand, dass der Orden vier Rezipienten gewinnen konnte, die im Generalkapitel in den Rechtsrit-

Nach einer entsprechenden Gegen- rede und dem herzlichen Dank des Priors für die freundliche Aufnahme durch den Rat und die Verwaltung der Stadt Rendsburg endete der Empfang mit einem kleinen Umtrunk. Mit Ausnahme der angereisten Rezi- pienten, die im Anschluss hieran noch ihre Einweisung erhielten, konnten sich die anderen Tagungsteilnehmer zunächst zurückziehen und noch ein- mal für den Begrüßungsabend frisch machen. Gegen 19:00 Uhr begrüßte der gastgebende Komtur Dr. Manfred Rüthlein die Teilnehmer des Gene- ralkapitels in seiner Heimat. Der im Anschluss hieran vorgesehene Gang an das reichlich ausgestattete Büffet wurde jedoch noch kurz vertagt, da das direkt am Nord-Ostsee-Kanal gelegene Hotel die Vorbeifahrt eines der größten Passagierschiffe, die den Kanal passieren können, angekündigt hatte. Ein Großteil der Gäste eilte daher auf die Terrasse und beobachte- te in nahezu handgreiflicher Nähe die Vorbeifahrt der MS Europa. Danach genossen alle die vielfältigen Lecke- reien, die die gastgebende Komturei zusammengestellt hatte.

terstand erhoben werden sollen. Die Zahl der Aufnahmen lag damit, wie auch schon im Vorjahr, erfreulich über der Zahl der Ordensritter, denen die Ordensversammlung im Totenge- denken ihre Anerkennung zollte. Ebenfalls erfreulich ist die Gesamt- entwicklung des Internetauftritts, an dem sich mehrere Ordensbrüder in einer Arbeitsgruppe beteiligt haben. Die Zahl der Internetnutzer, die auf die diese Seite zugreifen, steigt von Monat zu Monat an. Nach dem Bericht des Schatzmeisters wurden beide Berichte zur Ausspra- che gestellt. Auch die weiteren Funktionsträger auf Ordensebene erstatteten ihre Teilberichte. Im Anschluss hieran wurde dann der Tagesordnungspunkt Wahlen aufgeru- fen. Ein Teil der Ordensregierung war neu zu wählen. Sowohl beim Prior als auch beim Kanzler waren die jeweili- gen Amtsperioden abgelaufen. Beide wurden von der Ordensversammlung einstimmig wiedergewählt.

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RUBRIK GENERALKAPITEL 2019

Eine Neuwahl des Schatzmeisters stand noch nicht an. Zum Vizekanzler wurde von der Ordensversammlung ein- stimmig der Ordensbruder Thomas Schmädicke gewählt. Ebenfalls in ihren jeweiligen Ämtern bestätigt wurden die Mitglieder des Ordensgerichts. Im Anschluss an die Wahlhandlungen teilte der Prior den Ordensbrüdern die Berufungen der Berufungsamtsträger mit. Als neuer Ordenshistoriker wurde Ordensbruder Dr. Dr. Joachim Seeger berufen. Das Amt des Ceremoniars übernimmt ab dem Generalkapitel Ordensbruder Lutz Müller. Der Novizenmeister Heinz-Jürgen Riechers und der Pressesprecher Hartmut Sandmann wurden in ihren Funktionen ebenso bestätigt, wie der evangelische Ordens- geistliche, Ordensbruder Adolf Hermann Meyer. Nach Abstimmung der Termine der Folgejahre hatten dann die vier Novizen Gelegenheit, sich den Ordensbrüdern vorzustellen und taten dies auch teilweise ausgiebig. Nach letzten Ordensinterna sprach der Ordensgeistliche dann das Schlusswort, so dass die Teilnehmer der Ordens- versammlung zum Mittagessen im Speisesaal wieder mit den Damen und Gästen zusammentreffen konnten. Hiernach bestand kurz Gelegenheit, sich auf den Rezepti- onsgottesdienst vorzubereiten. Dieser fand etwas abgele- gen vom Tagungshotel um 15:00 Uhr in einer katholischen Kirche statt. In dem feierlichen Rezeptionsgottesdienst wurden die vier Rezipienten in den Rechtsritterstand erho- ben und mit dem Ritterschlag in den Orden aufgenommen. Wie es für ein Generalkapitel üblich ist, endete der Tag ab 19:00 Uhr mit einem Empfang und einem großen Gesellschaftsabend, anlässlich dessen der Prior auch noch einige Ehrungen aussprechen konnte. Es war ein sehr harmonisches Fest bei gutem Essen und vielen anregenden Gesprächen. Sonntag, 15.09.2019 Auch das Programm des Sonntags eines Generalkapitels ist inzwischen traditionell überplant. Um 09:00 Uhr lud die Ordensgeistlichkeit zu einer Andacht. Im Anschluss verabschiedete der Prior Hans-Joachim Baumbach die angereisten Gäste und wünschte allen eine gesunde Heimfahrt und ein frohes Wiedersehen beim Frühjahrskonvent 2020.

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GENERALKAPITEL 2019

Ansprache zum Rezeptionsgottesdienst

Exzellenzen, verehrte Ehrengäste, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Ordensbrüder, vor allem aber lie- be Rezipienten, als Prior des Tempelherrenordens be- grüße auch ich Sie auf das Herzlichste zur Rezeptionsfeier hier im schönen Rendsburg. Hier, in der Mitte Schleswig-Holsteins, an der Verbindungslinie zwischen den beiden Landesteilen hält der bun- desweit tätige Tempelherren-Orden, deutsches Priorat sein diesjähriges Generalkapitel ab. Zwölf Jahre sind in- zwischen vergangen, seit wir das letzte Mal unsere jährliche Ordenstagung in Schleswig-Holstein abgehalten haben, seinerzeit 2007 nämlich in Ratzeburg. Unsere Ordensgemeinschaft hatte in der Vergangenheit die Tradition entwi- ckelt, ihre Jahrestagungen jeweils von den Komtureien ausrichten zu lassen, was dazu führt, dass wir Jahr um Jahr in einer anderen Stadt Deutschlands auftauchen, um die satzungsmäßige Vollversammlung abzuhalten und neue Ordensmitglieder in unsere Reihen aufzunehmen. 2019 also am Wohnsitz unseres hiesigen Komturs. Herzlichen Dank sagen wir der Pfar- rei Sankt Ansgar Rendsburg in deren Sankt Martin Kirche wir heute zu Gast sein dürfen. Die Kirche selbst ist noch jung, jünger als Ihr Festredner. Am 04. Juni 1967 wurde dieses archi- tektonisch hochinteressante Gebäude eingeweiht. Der Bau wirkt schlicht, erforderte aufgrund seiner besonde- ren Dachkonstruktion aber erhebliche schwierige Berechnungen. Die herun- tergezogenen Ecken der Kirche gehen bis auf 3 m über Null, während der höchste Dachpunkt 17 ½ m über dem Erdboden liegt. Das Gebäude zeigt nahezu gleichnis- haft, dass nicht alles was auf den ers- ten Blick schlicht aussieht, sich auch wirklich einfach verhält. Diese Wahrnehmung lässt sich wohl unschwer auf die derzeitige Situation

von Kirche und Welt übertragen. Vie- les was auf den ersten Blick zwingend einfach erscheint, erweist sich bei genauerem Hinsehen als wesentlich komplexer. Die meisten gesellschaft- lichen, wirtschaftlichen oder sozialen Probleme haben keine monokausale Ursache und sind demzufolge auch nicht mit einfachen Antworten zu lö- sen. Jeder Schritt auf die Bewältigung eines Problems hin wirft möglicher- weise neue Probleme auf. Ich versuche Ihnen dies an einem Beispiel aufzuzei- gen, einem Beispiel von Millionen, die man für komplexe Zusammenhänge nennen könnte: Derzeit spricht die ganzeWelt über eine vermeintlich menschengemachte Kli- makatastrophe. Als wesentliche Ursa- che hierfür soll nun das CO2 gefunden sein, wiewohl es in der Wissenschaft maßgebliche Stimmen dagegen gibt. Dennoch beginnt unsere Gesellschaft erfolgreiche Industriestrukturen zu zerlegen und stattdessen längst nicht erprobte Techniken mit der Brechstan- ge einzuführen. Der Schadstoffausstoß des Individualverkehrs mit PKW soll verschwinden, indem die Autoflotten elektrifiziert werden. Ob es dabei ge- lingt, die zur Bewegung notwendige Stromerzeugung ausschließlich auf er- neuerbare Energien zu verlagern, steht dahin. Das Problem der Entsorgung der schadstoffreichen Akkus nach Errei- chen von deren Nutzungsdauer bleibt bei der Ermittlung der Ökobilanz sol- cher Lösungsansätze völlig außen vor. Ein verantwortliches Vorgehen gegen- über den Menschen und der Schöpfung sähe sicherlich anders aus. Ein willkürliches Beispiel aus Tages- aktualität heraus. Wird die katholische Kirche, ein Erfolgsmodell das 2000 Jahre überdauert hat, durch die Einfüh- rung von Frauenpriestertum und die Abschaffung des Zölibates eine bes- sere sein, oder schafft sie sich selbst ab? Ist die evangelische Kirche besser geworden, indem sie sich seit einigen

Jahrzehnten intensiv politisiert, femi- nisiert und genderisiert hat, oder sollte sie besser zum ursprünglichen Verkün- dungsauftrag zurückkehren? Ist eine christliche Familienpolitik so- zialer, als eine entchristlichte Famili- enpolitik? Soll sich Politik an Einzelin- teressen, Gruppeninteressen oder dem Gemeinwohl orientieren? Welcher Schritt ist überhaupt welcher Katego- rie zuzuordnen? All solches beschäf- tigt uns in diesen Tagen und ein um das andere Mal kommen wir überein, dass die Lösung komplexer gesellschaft- licher nationaler und internationaler Probleme jedenfalls nur dann gelingen kann, wenn die handelnden Personen einen klar definierten Verantwortungs- maßstab verinnerlicht haben. Nur so gelingt es, in orientierungsloser Zeit zu einem Geleit, einer Orientierung, einer Ordnung, zu gelangen. Solche Verant- wortungslinien in der Verantwortung vor Gott und den historischen Leitli- nien unserer Ordensgemeinschaft zu entwickeln ist, noch heute die Aufgabe des OMCT. In diese Tradition treten heute wieder drei neue Rezipienten ein, die uns in unserer Arbeit unterstützen und für ih- ren Nächsten Dienst tuen wollen. Sie werden in wenigen Minuten durch den Rezeptor mit dem traditionellen Rezeptionsspruch zu Gottes und zu deiner Ehr, diesen Schlag und keinen mehr, sei tapfer, gläubig und gerecht, sei ein Ritter und kein Knecht zu gleichberechtigten Mitgliedern unserer Ordensgemeinschaft und zu Rechtsrittern geschlagen. Ich wünsche Ihnen ein gutes brüderli- ches Miteinander, neue Erkenntnisse, Motivationsgewinn für das Ganze so- wie den Segen und die Gnade unseres Herrn. Gott schütze Sie alle, Gott schütze unser Land und Gott schütze unseren Orden.

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RUBRIK OBR. DR. HEINZ GEHLE

Sind die Muslime eine Gefahr für uns Christen? Von Obr. Dr. Heinz Gehle, Wadersloh

Durch das plötzliche Anschwellen der Flüchtlingszahlen in Südeuropa befindet sich unsereWelt derzeit in einem deutlichen Umbruch. Der Wert unserer Freiheit hat einen neuen Stellenwert erfahren, zumal viele Zugereiste ihre Ziele sogar mit Ge- walt erreichen wollen. Dabei werden auch immer wieder Fremde als Rechtsradikale beschimpft, obwohl sie nur ihr Vaterland lieben. Wo Gewalt, Hinterlist und Rück- sichtslosigkeit das Leben bestimmen, sollten wir uns der Warnungen des deutschen Physikers Otto Hahn erinnern: „Die größte Gefahr geht von denen aus, die sich mit traditionellen Begriffen wie Umbruch usw. nicht auseinandersetzen.“

Ich bin davon überzeugt, dass die Grundkenntnisse der deutschen Geschichte stark erweitert werden müssen. Schon Johann W. von Goethe meinte: „Geschichte kann niemand verstehen, der sie nicht selbst erlebt hat.“ Deutsche Werte gewinnen allgemein wieder an Bedeutung. Allerdings fehlt heute häufig die Rücksichtnahme auf den Nächsten. Der österreichische Schriftsteller Stefan Zweig (1881–1942) merk- te schon 1939 an, dass man durch äußere Umstände viel Heimatgefühl verlieren kann. Die wahre Heimat äu- ßert sich immer zuerst in der Sprache. Und der deutsche Autor, Historiker und Freiheitskämpfer Ernst M. Arndt (1769–1860) betonte einmal: „Wer eine Sprache nicht achtet und liebt, kann auch ein Volk nicht achten und lieben.“ Mit Sorge ist zudem zu beobachten, dass viele Menschen bei uns nur noch wenig Wert auf das Deutsche legten, immer häufiger nicht mehr in ganzen Sätzen sprechen und eher die englische Sprache bevor- zugen. Eine Ursache hierfür liegt meines Erachtens in der übermäßigen Nutzung der elektronischen Medien. Eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt auch die gestiegene Völkerwan- derung, die für viele Verschiebungen sorgt, deren Folgen noch gar nicht

voll absehbar sind. Für sehr viele Menschen ist Deutschland derzeit „das beste Land der Welt“. Die Hoff- nung auf ein besseres Leben hat schon immer eine starke Rolle gespielt, wie auch ein Blick auf die Menschheitsge- schichte zeigt. Wichtig ist zuvor- derst eine gerechte Verteilung der Flüchtlinge auf ganz Europa, wobei sich gerade hier die osteuropäischen Staaten leider sehr zurückhalten, um nicht noch einen stärkeren Begriff zu wählen. Interessant ist, dass zum Beispiel Saudi-Arabien gezielt den Bau von Moscheen in Europa fördert, während Kirchenbauten im eigenen Land unterdrückt werden. Die Jahre 2015 und 2016 stehen dafür, dass die Auseinandersetzungen verstärkt durch Terror-Attacken religiöser Fanatiker auf normale Bevölkerungskreise erfol- gen. So schrieb Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel an ihren französischen Amtskollegen François Hollande nach den Anschlägen von Paris im Frühjahr: „Wir fühlen uns Ihnen so nahe. Wir weinen mit Ihnen und wer- den mit Ihnen den Kampf führen, die Ihnen das angetan haben.“ Erinnert sei hierbei zudem an ein Wort von Papst Franziskus: „Es gibt keinen wahren Frieden ohne Gewalt.“ Kurz sei in diesem Zusammenhang an den Koran erinnert, die heilige Schrift

der Muslime. Erinnert sei an die kon- servative Politikerin Prof. Adelgunde Mertensacker (1940–2013), die als scharfe Kritikerin des Islams galt. In einem Lesebuch über den Koran hat sie die scharfen Schrifttexte der 114 Suren (Abschnitte) bewusst abgeschwächt. Im Koran finden sich nämlich viele Hasstiraden und Gewalttexte („Allah ist allmächtig“), die gerade von Fanatikern stets in ihrem Sinne ausgelegt werden. Dies zeigt ebenso die Zerstörungswut des „Islamischen Staats“, der auch vor jahrhundertealten Kulturdenkmälern wie der syrischen Oasenstadt Pal- myra (heutiger Name: Tadmur) nicht zurückschreckt. Dagegen enthalten unsere heimischen Kirchenlieder vie- le Anregungen für ein friedliches Zu- sammenleben. Wer 2016 der Wahrheit dienen will, kann allerdings schnell als rassistisch beschimpft werden. So erleben viele deutsche Polizisten wie auch die Frauen eine allgemeine Zunahme der Respektlosigkeit. Dabei sind vor allem junge Männer aus muslimischen Ländern immer öfter verhaltensauffällig. Erinnert sei ebenso an die Macht des gesprochenen wie des geschriebenen Wortes. Im Johannes-Evangelium heißt es: „Am Anfang war das Wort.“ Es kann nicht genug daran erinnert

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OBR. DR. HEINZ GEHLE

All dies hat in einer aufgeklärten Welt dazu geführt, dass es immer mehr kritische Muslime gibt, die sich in ihrer Werteordnung den Christen annähern wollen. Allerdings gibt es inzwischen weltweit 57 islamische Staaten, bei denen nur die Scharia gilt. Dies islamische Gesetz regelt sowohl die kultischen wie rituellen Vorschriften der Menschen unterein- ander. Sie haben diese Bestimmungen kritiklos zu akzeptieren. Damit ist die Scharia gottgegebenes Recht und gilt als Werteordnung für alle Zeiten und Orte, weshalb sie sich wesentlich stringenter als unser Kirchenrecht darstellt. Dabei soll der Koran-Him- mel zugleich ein Paradies sein … Massenmigration als Gefahr für frei- heitlich-christliche Gesellschaften Europa erlebt gerade eine der größten Migrationswellen seiner Geschich- te. Es geht um etwa eine Million Zuwanderer vor allem aus fremden Kulturkreisen. Ein Vergleich mit den Bevölkerungsströmen nach dem Zweiten Weltkrieg bietet sich nicht an, zumal die Vertriebenen seinerzeit Landsleute gewesen sind und damit aus demselben Kulturkreis kamen. Der Islam ist grundsätzlich eine viel aggressivere Religion, als es die Christenheit darstellt. Wenner sieht die Muslime nicht als demokratiefä-

werden, mit dem hohen Wert des Wortes sorgfältig umzugehen. In den Sprüchen Salomons heißt es: „Wer das Gesetz befolgt, beherrscht das Leben.“ Und schon Goethe schrieb: „Alle Gesetze und Sittenregeln lassen sich auf Eines zurückführen, die Wahrheit“ Der französische Philosoph und Literat Blaise Pascal (1623–1662) sah seinerzeit die Ret- tung der Menschen in ihrem Glauben an Gott. „Nichts gibt mehr Sicherheit als die Wahrheit. Wer die Wahrheit kennt und sie nicht ausspricht, bleibt Der katholische Diplom-Theologe und Jurist Reinhard Wenner, der in St. Augustin bei Bonn lebt, beschäf- tigte sich auf dem diesjährigen Früh- jahrskonvent in Königswinter-Heis- terbacherrott mit der gegenwärtigen Massenintegration als Gefahr für die freiheitlich christlichen Gesellschaf- ten. Er ist Mitautor des fast 850 Sei- ten umfassenden (und lesenswerten) Buches „Freiheit und Islam – Fakten, Fragen, Forderungen“ (erschienen 2016 im Gerhard-Hess-Verlag, Bad Schussenried). Die Kreuzzüge waren im 9. Jahrhundert ursprünglich die Antwort auf die dringenden Hilferufe aus Byzanz für den militärischen Beistand zur Abwehr muslimi- scher Aggressionen, Raubzuge und Eroberungskriege – und keineswegs ein brutaler Angriff abendländischer Barbaren auf friedliche Muslime. Bis heute ist die Unvereinbarkeit zwischen unserer freiheitlich- demokratischen Grundordnung und dem orientalischen Islam geblieben. Die Meinung, Muslime gingen einer friedlichen Religion nach, kann viel- fach widerlegt werden. Erinnert sei in diesem Zusammenhang an viele Genozide bis in die jüngste Vergan- genheit, gerade im mittleren Orient und in Schwarzafrika. Hierbei spielt gerade auch der Koran als religiöses Buch mit klaren Anweisungen zum Verhalten der Anhänger eine nicht zu unterschätzende Rolle. Der Umgang mit den „heiligen Schriften“ scheint immer proble- matisch zu sein: Bibel, Thora (der Juden) und Koran (arab. Lesung) sind fürwahr ein armer Tropf.“ Der Islam – eine Religion des Friedens?

jeweils in sich abgeschlossene Werke. Aber der Koran ist in sich nicht logisch, sondern widersprüchlich. Wer kritische Fragen zum Islam stellt, begibt sich rasch in Gefahr – und wer den Koran ablehnt, gilt als ungläubig. Anzumerken bleibt, dass es bislang bei den Naturwissenschaften keinen islamischen Nobelpreisträger gibt, aber viele Juden. Der Koran ist sehr streng und gilt als von Allah diktiert – die Bibel dagegen ist von Jesus inspiriert. Der strenge Glaube der Muslime gilt vielen als doppelgesich- tig, weshalb auch so schwer über ihn zu diskutieren ist. Die sittenstrenge weibliche Kleidung ist ein Symbol der fraulichen Unterwerfung (dabei ist die Vollverschleierung nirgends vorgesehen). Schließlich sieht der Koran harte Strafen mit großer Band- breite vor, vom Handabschlagen bis zur Steinigung. Vergewaltigte Frauen können gar bestraft werden, da sie den Mann verführt haben (können). Überhaupt wird die Rolle der Frauen im Koran teilweise recht dubios geschildert, denn sie ist danach Ei- gentum des Mannes. Peitschenhiebe sind ein erlaubtes Strafmaß, obwohl sie tödlich sein können – auch hier verwehrt der Koran Mitleid … Schließlich ist derjenige ein Abtrün- niger, wer die im Koran vorgesehene Strafe negiert.

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OBR. DR. HEINZ GEHLE

hig an, worauf auch ein Zitat aus dem Koran hinweist: „Ein billiger Teppich ist wichtiger als eine Frau im Haus.“ Mit der derzeitigen Masseneinwan- derung nach Europa beschäftigte sich am Frühjahrskonvent ebenso Prof. Dr. Erich Weede, Soziologe an der Uni- versität Bonn. Damit geht vor allem das wirtschaftliche Freiheitsdenken einher, das allerdings durch politische Strömungen immer wieder begrenzt wird. „Freie Arbeit ist grundsätzlich produktiver als Untertanentätigkeit.“ Freiheit darf nicht hedonistisch sein, sich also nur egoistisch an momenta- nen Genüssen orientieren, sonst be- steht die Gefahr der Pflichtvergessen- heit. Der westliche Kulturkreis spürte von jeher eher die Armut, was zu ei- ner Begrenzung der Obrigkeit geführt hat. Wichtig war dabei die Trennung von geistlicher und weltlicher Macht. Gerade im Mittelalter war vielfach

der Einfluss der Kirche nicht nur in Deutschland viel stärker als der des Staates. Dabei sollte allerdings der Papismus vermieden werden, das heißt die Reduzierung des Katho- lizismus auf das Papsttum als dem herausragenden Abgrenzungssymbol gegenüber den Protestanten. Nach dem Ende des Zweiten Welt- krieges waren in vielen Ländern durch die gewaltigen Wanderungs- ströme gerade in Europa zuvor nicht gekannte humanitäre Herausforde- rungen zu bewältigen. Gegenwärtig leben weltweit etwa acht Milliarden Menschen schlechter als die Deut- schen; und davon sind bis zu 60 Pro- zent wanderungsbereit. Die großen Unterschiede bei den Lebensverhält- nissen auf und in den verschiedenen Kontinenten offenbaren die enormen Herausforderungen, die noch auf uns zukommen. Durch die Massenein-

wanderung dürften wir auf Dauer ein ärmeres Land werden. Pro Flüchtling haben wir derzeit Kosten von etwa 79.000 Euro‚ was bei einer Million Menschen etwa 79 Mrd. Euro aus- macht – dies entspricht einem Viertel der bundesdeutschen Wirtschafts- leistung. Allein die Zuwanderer des Jahres 2015 kosteten uns mehr als ein Bundeshaushalt, was jährlich etwa 900 Mrd. Euro entspricht. – Künftig werden auch verstärkt Farbige nach Deutschland kommen, womit größere ethnische Probleme auftreten dürften. Religionsfreiheit ist für die schwarze Bevölkerung ein wichtiges Pfund, was nach islamischen Vorstellungen eine harte Linie bedeuten dürfte. Da wir hier bei den farbigen Völkern eine heterogene Vielfalt haben, können wohl ethnische Auseinandersetzun- gen nicht gänzlich ausgeschlossen werden.

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Frühjahrskonvent 2020 6. bis 8. März 2020 Wohin führt die Zukunft Deutschlands?

Waldhotel Schäferberg Kassel-Espenau

Die Ordensregierung freut sich auf ein Wiedersehen mit allen Ordensbrüdern, Damen, Freunden und Gästen.

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OBR. HEINZ JÜRGEN RIECHERS

Aus dem Leben des Templer- Großmeisters Gerard de Ridefort (flämisch: Geraard van Ruddervoorde) Er war der jüngere Sohn eines Adligen, dessen Familie sich wohl nach dem flandri- schen Ort Ruddervoorde benannte. Wie viele Nachgeborene dieser Zeit sah er keine Möglichkeit, in Europa gesellschaftlich aufzusteigen und schloß sich daher 1146 dem Zweiten Kreuzzug an.

Danach blieb er in Palästina, wo er in den Dienst von Raimund III. von Tripolis trat. Als Raimund ihm 1173 die Ehe mit Lucia von Botrun, die ihm wertvolles Land in der Grafschaft Tripolis eingebracht hatte, versprach, sein Versprechen jedoch später brach, als ihm ein Kaufmann aus Pisa viel Geld dafür anbot, verließ Ridefort Raimunds Dienst und trat den Tem- pelrittern bei. Aufgrund des gebroche- nen Eheversprechens pflegte Ridefort die Feindschaft gegenüber Raimund sein Leben lang. Eine sehr verhäng- nisvolle persönliche Entscheidung. Im Jahr 1183 wurde er Seneschall und 1184 vertrat er dann den Groß- meister Arnold von Torroja, als dieser nach Italien reiste. Nachdem der Tod des Großmeisters in Jerusalem bekannt wurde, wählte man Gerard de Ridefort zu seinem Nachfolger. Aber er galt, im Gegensatz zu seinem Vorgänger im Großmeisteramt, als ungestüm und dementsprechend unbesonnen. Als Großmeister der Templer trägt Gerard de Ridefort die Verantwortung, daß erste Flecken auf dem weißen Habit der Templer zu sehen sind: Im Jahr 1187 beschlagnahmte Ridefort einen Teil des Geldes, das Heinrich II. von England den Tempel- rittern anvertraut hatte. Dieses Geld gehörte zur Strafe, die Heinrich für den Mord an Thomas Becket aufer- legt worden war, und sollte – für den

Fall, daß er ins Heilige Land reisen sollte – dazu dienen, nach seinen Vorgaben ausgegeben zu werden. Ri- defort hingegen nutzte es, um Söldner anzuwerben, mit denen er das König- reich Jerusalem gegen Saladin vertei- digen wollte. Am 1. Mai griff er dann mit weniger als hundert Tempelrittern in der Schlacht von Cresson das viel größere Heer Saladins an. Er selbst war einer der wenigen Überlebenden dieser fehlgeschlagenen Attacke. Be- reits nach dieser Niederlage gab man seiner Unbeherrschtheit die Schuld an dem verlorenen Kampf. Dies war aber nur ein kleiner Vorgeschmack auf das Unglück, das dem Orden und dem Königreich Jerusalem durch die Wahl de Rideforts zum Großmeister bevor- stand: die vernichtende Niederlage des großen christlichen Heeres gegen die Truppen Saladins bei Hattin, die den Beginn des Untergangs des Kö- nigreichs Jerusalem darstellte. Entgegen dem Rat von Raimund III. von Tripolis zog das Heer von Jerusa- lem nach Tiberias. Massiven Einfluß darauf hatte der Großmeister der Templer Gerard de Ridefort aus per- sönlicher Gegnerschaft zu Raimund III. genommen. Von Anfang an setz- ten die leichten, wendigen Reiter der Muslime den behäbig dahinziehenden Truppenteilen zu, indem sie sie mit Pfeilhageln eindeckten und das Wei- terkommen verlangsamten. Außerdem ließ Saladin sämtliche Sträucher in der Umgebung abbrennen, um die

Luft noch stickiger und trockener für die christlichen Kämpfer zu machen. Nach einer Nacht ohne Wasser auf offenem Feld wurde dem Heer von Saladins Truppen der Weitermarsch verstellt. In der Schlacht von Hattin wurde das vor Erschöpfung kaum kampfbereite Kreuzfahrerheer völlig aufgerieben, es überlebten lediglich 20 von 14.000 Mann. Die falsche Beratung Rideforts kostete die Temp- ler nicht nur eine Menge politisches und öffentliches Ansehen, Ridefort hat sich in den Augen der Öffentlich- keit und seiner Templer durch einen weiteren Fehler schuldig gemacht. Entgegen der Ordensregel hatte sich Ridefort Saladins Truppen ergeben und ließ sich gefangen nehmen. Dann tauschte er die Stadt Gaza gegen seine Freiheit, was einen weiteren Verstoß gegen die Ordensregel darstellte. Im Jahre 1189 versuchte er dann, im Kampf um Akkon verlorenes Ansehen wiederzuerlangen, aber vergeblich, er wird wieder gefangen genommen, aber diesmal direkt von Saladins Leuten hingerichtet.

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OBR. THOMAS SCHMÄDICKE TH AS SCH ÄDICKE

Das Christentum und die Geschichte der Kreuzzüge Nach über 400 Jahren Unterdrückung, Vertreibung und Verfolgung setzte sich das Christentum mit den Kreuzzügen zur Wehr Liebe Ordensbrüder, anlässlich unseres diesjährigen 55-jährigen Jubiläums in Be- zug auf die Neugründung unseres Ordens im Jahr 1964 als ORDO MILITIAE CRUCIS TEMPLI,Tempelherren-Orden, Deutsches Priorat e. V. erlaube ich mir, euch auf leider weitverbreitete Vorurteile, Vorwürfe und Anfeindungen aufmerksam zu machen.

Meiner Auffassung nach basieren diese auf falschen Annahmen, denen ich mich als Angehöriger des Tem- pelherren-Ordens bereits mehrfach ausgesetzt sah. Ich kann mir vorstel- len, dass nicht nur ich diesbezüglich von entsprechend unerfreulichen Erlebnissen berichten kann. Aufgrund der Vorkommnisse habe ich es mir erlaubt, mich mit der Thematik etwas zu beschäftigen. Anders als meine beiden sehr geschätzten Ordensbrüder Prof. Dr. Helmut Grieser und mein Komtur Dr. Manfred Rüthlein bin ich kein promovierter Historiker. Nicht zuletzt deshalb ersuche ich um eine nachsichtige Bewertung meiner Dar- stellungen und Schlussfolgerungen der geschichtlichen Ereignisse, die ursächlich für die Kreuzzüge sind und somit nicht zuletzt auch zur Grün- dung unseres Ordens im Jahr 1119 geführt haben. In den vergangenen Jahren war ich mehrfach der Situation ausgesetzt, dass mir als Angehöriger unseres Ordens vermeintliche Gräueltaten von christlichen Kreuzzugsteil- nehmern vorgeworfen wurden und ich mich dafür rechtfertigen sollte. Zudem wurden etwaige Handlungen von Kreuzfahrern beziehungsweise Kreuzrittern im Mittelalter teilweise als eine späte Erwiderung und Recht- fertigung für islamistische Terroran- schläge und für die Ausbreitung des Islams heutzutage in Europa ange- führt. Frei nach der Devise: „Wenn

die blutrünstigen Christen die fried- lichen und fortschrittlichen Muslime in ihrer angestammten Heimat nicht überfallen hätten, dann hätten wir heutzutage auch keine Probleme mit dem Islam vor unserer Haustür.“ Auf- grund dieser Argumentation habe ich mir nüchtern die Frage gestellt: Wer waren objektiv gesehen die Angreifer und somit die Täter, und wer waren die Verteidiger beziehungsweise wer war jahrhundertelang der Aggressor, und wer waren die Opfer? Um diese Fragen zu beantworten, habe ich mich auf die Suche nach nüchternen Jah- reszahlen und geschichtlich verbürg- ten Ereignissen gemacht und daraus meine Schlussfolgerungen gezogen: Als Mohammed, der nach islami- schem Religionsverständnis als Prophet und Gesandter Allahs ange- sehen und verehrt wird, nach eigenem Bekunden um das Jahr 610 sein erstes Offenbarungserlebnis, das in den nächsten Jahrzehnten die Grundlage einer neuen Religion, des Islam, wer- den sollte, auf dem in der Nähe von Mekka gelegenem Berg Hira hatte, da existierte unsere Religion das Chris- tentum bereits seit über sechshundert Jahren. Jerusalem, die heilige Stadt der Christen und Juden und später auch der Muslime, befand sich seit dem Jahr 629 unter der Herrschaft des By- zantinischen Reichs. Der oströmische Kaiser Herakleios hatte Jerusalem

von den persischen Sassaniden zurückerobert. Zu diesem Zeitpunkt wurde Jerusalem mehrheitlich von Juden und Christen bewohnt. Die Eroberungsfeldzüge der mus- limischen Araber und somit die gewaltsame Ausbreitung des Islams als Religion begannen, kurz nachdem im Jahr 632 ihr Prophet und Feldherr Mohammed in Medina gestorben war. Den Angriffen der Muslime waren zuerst das Byzantinische beziehungs- weise Oströmische Reich ausgesetzt. Im Jahr 636 gingen Palästina und Syrien an die muslimischen Erobe- rer verloren. Ein Jahr später, also im Jahr 637, wurde Jerusalem nach einer sechsmonatigen Belagerung eingenommen. Die byzantinischen Verteidiger hatten schließlich kapi- tuliert. Die heilige Stadt der Juden und Christen war somit erstmals in muslimischer Hand. In der Folge der Eroberung wurden Christen durch die neuen muslimischen Herrscher aus der Stadt vertrieben, getötet oder mussten sich als kleinstes Übel damit zufrieden geben, fortan nur noch Bürger zweiter Klasse in ihrer angestammten Heimat zu sein, da sie aufgrund ihres christlichen Glaubens unter der Herrschaft des Islams eine Sondersteuer zu entrichten hatten und somit eindeutig diskriminiert wurden. Aufgrund dieser historisch belegten Ereignisse kann man feststellen, dass nicht etwa christliche Heerführer eine Stadt mit vorwiegend muslimischer

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OBR. THOMAS SCHMÄDICKE

öffentlichen Kenntlichmachung ein überdimensioniertes Holzkreuz und Juden eine Glocke jeweils um den Hals tragen. Die Besitzungen aller Kirchen und Synagogen wurden eingezogen, und Muslimen wurde unter Strafe verboten, Geschäfte mit Christen und Juden zu machen. Christen wurde auch untersagt, ein Pferd zu besteigen, und es war Chris- ten verboten, ein Schwert oder eine sonstige Waffe zu führen. Unter dem islamischen Fatimidenkalifen war es Christen auch verboten, einen Turban und landesübliche Schuhe zu tragen. Christen wurde zudem befohlen, sich die Stirn zu scheren, und sie mussten äußerlich außerdem an einem be- sonderen Gürtel und an zwei gelben Stoffbändern an der Schulter zu erkennen sein. An Häusern, die von Christen bewohnt wurden, musste die hölzerne Darstellung eines Dämons angebracht werden, um Muslime vor dem Haus eines Christen zu warnen. Nach dem Jahr 1030 ließ Al Hakim eine Mauer um Jerusalem errichten. Das Baumaterial stammte teilweise aus abgerissenen christlichen Kirchen und Klöstern. Im Jahr 1074 plante Papst Gregor VII., sich aufgrund der beschriebenen Lebenssituation der Christen an die Spitze eines Feldzuges zu setzen, um Jerusalem von den muslimi- schen Eroberern und Christenverfol- gern für das christliche Abendland zurückzuerobern und so dem Leid der unterdrückten und verfolgten Christen ein Ende zu bereiten. Zu diesem Zeitpunkt kam aus christlicher Sicht erschwerend hinzu, dass die schiitischen Fatimiden im Jahr 1073 Jerusalem an die türkischen Seldschu- ken, die sunnitische Muslime waren, verloren hatten und es unter den Seldschuken zu weiteren Ausschrei- tungen gegen die christliche Bevöl- kerung gekommen war. Aufgrund des Investiturstreits konnte Papst Gregor VII. sein Ziel, die Befreiung der in Jerusalem unter Unterdrückung und Gräueltaten leidenden Christen, jedoch nicht in die Tat umsetzen. Erst Papst Urban II. war dies vergönnt. Am 27.11.1095 rief Papst Urban II. vor den Toren der französischen Stadt Clermont die anwesende Bevölkerung

zur Notwendigkeit der Befreiung der heiligen Stätten und der Beendigung des Leidens der Christen in Jerusalem und dem Osten auf. Diesem Aufruf lag auch ein Hilfegesuch des byzanti- nischen Kaiser Alexios I. Komnenos zugrunde, da Kaiser Alexios sein Reich immer stärker von den türki- schen Seldschuken bedroht sah. Diese hatten bereits im Jahr 1071 Anatolien und Antiochia erobert und stellten nun eine ernsthafte Gefahr für sein Reich und somit für das Christentum als Religion dar. Der Erste Kreuz- zug endete 1099 mit der Einnahme Jerusalems durch ein christliches Kreuzfahrerheer. Liebe Ordensbrüder, aufgrund der von mir in Kurzform chronologisch dargestellten Ereignisse in Jerusa- lem beziehungsweise im Heiligen Land mit Beginn der islamischen Expansion ab Mitte der 630er-Jahre komme ich zu dem Schluss, dass es sich bei den Kreuzzügen letztend- lich um legitime Rückeroberungen handelte, die in erster Linie auf die jahrhundertelange Unterdrückung, Diskriminierung und Verfolgung von Christen, ihrer christlichen Religion und der Zerstörung ihrer Gotteshäuser und Klöster in ihrer angestammten Heimat zurückzuführen waren. Chris- ten und Juden lebten bereits über 600 Jahre in Jerusalem beziehungsweise im Heiligen Land, als die islamische Expansion ihren Anfang nahm. Die Frage nach den Tätern und den Opfern in Bezug auf die Vorge- schichte und somit die Ursache für die Kreuzzüge ist für mich eindeutig geklärt. Ursache und Wirkung, Täter und Opfer dürfen nicht vertauscht werden und können von uns anhand von geschichtlich belegten Fakten selbstbewusst benannt und bekannt gemacht werden. So klären wir heutzutage als Angehörige unseres Tempelherren-Ordens auf und tragen insbesondere so auch zur Ehrenret- tung des historischen Tempelherren- Ordens anlässlich seines 900-jährigen Gründungsjubiläums im Jahr 2019 bei. Dies entspricht der Pflege und der Bewahrung der Traditionen des his- torischen Ordens und ist Teil unseres Selbstverständnisses als Tempelher- ren im Jahr 2019.

Bevölkerung erobert und Angehörige einer anderen Religion unterdrückt haben, sondern arabische Feldherren islamischen Glaubens haben ab Mitte der 630er-Jahre Eroberungskriege ge- führt und so unter anderem auch Pa- lästina und Jerusalem eingenommen und dort den neuen, ihren islamischen Glauben mit dem Schwert verbreitet. Die islamische Herrschaft über Jeru- salem unter teils wechselnder sunni- tischer oder schiitischer Glaubens- ausrichtung des Islams sollte bis ins 11. Jahrhundert andauern. Nachdem die Umayyaden im Jahr 750 von den Abbasiden gestürzt wurden, gab es auch weiterhin in Jerusalem Phasen, in denen gezielt Christen und Juden mehr als sonst üblich verfolgt und diskriminiert wurden. Ab dem Jahr 979 übten schließlich die schiitischen Fatimiden die Herrschaft über Jerusa- lem aus. In der Folge der Eroberung von Jerusalem durch die Schiiten kam es in der Stadt zu einem Blutbad, dem neben Christen und Juden auch sunni- tische Muslime zum Opfer fielen. In Jerusalem wurde auch die als christli- ches Heiligtum verehrte Grabeskirche gebrandschatzt, und zahlreiche christ- liche Kirchen und jüdische Synago- gen wurden beschädigt oder zerstört. Im Jahr 1009 wurde auf Befehl des muslimischen Fatimidenkalifen Al Hakim schließlich die Grabeskir- che, das Heiligtum der Christenheit, endgültig zerstört und dem Erdboden gleichgemacht. Gleichzeitig begann in Jerusalem unter der Herrschaft von Al Hakim ein jahrelanges Pogrom gegen Christen und Juden. Al Hakim ordnete zur Kennzeichnung und Demütigung der Christen und Juden besondere Kleidungsvorschriften an. So mussten Christen zu ihrer

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DR. EDMUND SAWALL

Vom Wesen des ORDO MILITIAE CRUCIS TEMPLI

I. Teil: Der Orden und seine Regel Jede Gemeinschaft bedarf einer Ordnung, um zu funktionieren. Ge- meinsame Ziele, Aufgabenstellungen und deren Durchführung können nur realisiert werden, wenn für die dabei Mitwirkenden Regeln gesetzt sind. Diese unterscheiden sich je nach Art, Form und Selbstverständnis einer Organisation. Das heißt, Vereine für Unterhaltung, Sport, Freizeitgestal- tung usw. oder solche mit gesell- schaftspolitischen Zielen erfordern unterschiedliche Regeln. Fehlen die Regeln, herrscht Desorganisation, Orientierungslosigkeit und mangel- hafte Identifikation der Mitglieder mit Ihrer Gemeinschaft. Das Ordensverständnis Dies gilt besonders für einen Orden, dessen Selbstverständnis auf geist- lichen und moralischen Grundlagen ruht. Die Ordensgeschichte macht deutlich, daß man von einem Orden immer so etwas wie eine verschwo- rene Gemeinschaft zur Erreichung bestimmter Ziele erwartet. Der OMCT wurde von Beginn an als ein Orden konzipiert. Sein Selbstver- ständnis ruht auf drei Säulen: Erstens: Das Bekenntnis zum „Chris- tentum als bestimmende Rahmenord- nung“ für unser irdisches Sein. Zweitens: Das Bekenntnis zur „Gemeinschaft unseres Volkes als Kulturgemeinschaft“. Drittens: Das Bekenntnis zu „ritterli- chen Tugenden und einer konservati- ven Moral“. Demgemäß wurden die Ordensregeln des OMCT in zwei fundamentale Artikel gegliedert. Artikel 1: Vom Selbstverständnis des Ordens und Artikel 2: Von den Pflich- ten des Ordensbruders. Jeder Artikel

hat zwei Kapitel, die gleich lauten. Das jeweilige Kapitel 1 lautet: „Vom Bekenntnis“, und das jeweilige Kapi- tel 2 lautet: „Zur Verpflichtung“. Das Ganze wird eingeleitet und getragen von einer Präambel mit folgendem Wortlaut: „In der Sorge um den Zerfall der in Jahrhunderten gewachsenen Werte des christlichen Abendlandes und im Streben nach den ritterlichen Tugen- den des historischen Templerordens, im Versuch eigener geistiger Vervoll- kommnung und dem Ziel, Antworten auf brennende Fragen unserer Zeit an unsere Gesellschaft zu geben, hat sich der ORDO MILITIAE CRU- CIS TEMPLI, Tempelherren-Orden (OMCT) – Deutsches Priorat e. V. gegründet.“ Diese Präambel setzt den verbindli- chen Rahmen für die Ordensregeln und bildet somit das Fundament für das Grundgesetz unseres Ordens. Bevor wir uns in späteren Folgen mit den einzelnen Festlegungen in der Ordensregel auseinandersetzen, müssen wir uns die Frage stellen, ob uns Ordensbrüdern mit dem Gelöbnis im Rezeptionsgottesdienst die volle Tragweite unserer damit vor Gott und dem Orden irreversiblen Entschei- dung bewußt ist. Ein Erlebnis möge diese Frage etwas illustrieren. Als wir nach dem Rezeptionsgottes- dienst während des Generalkapitels 1991 in Braunschweig bei herrlichem Wetter zu Fuß zum Hotel zurückkehr- ten, ging ich in Begleitung eines neu rezipierten Ordensbruders – übrigens eines nicht mehr ganz jungen Dip- lomaten von hohem Rang - der ganz offensichtlich sehr bewegt von seiner Rezeption das Gespräch suchte. Er sagte etwa folgendes: Ich habe in meinem bisherigen Berufsleben vie- les, einschließlich Ordensverleihun-

gen mitgemacht. Nichts von alledem ist dem heutigen Tag vergleichbar. Mir ist eigentlich erst im Augenblick meiner Rezeption mit dem Gelöbnis vor dem Altar Gottes voll bewußt geworden, was da mit mir geschah. Unser Gespräch führte zu mehreren Umwegen zum Hotel und wurde zur Grundlage einer innigen brüderlichen Freundschaft, in der wir uns immer wieder mit den Fundamenten unseres Ordens, das heißt den Ordensregeln, auseinandersetzten. Ich würde mir wünschen, daß eine so tiefe Bindung zum Orden sich bei allen Ordensbrüdern finden würde. Ich fürchte aber, daß so manch einem Ordensbruder unsere Ordensregel im Bewußtsein nicht so präsent ist. Wie auch? Wir beschäftigen uns in unseren Konventen zwar mit den inhaltlichen Aufgaben, setzten sie jedoch fast nie in Bezug zu unseren Ordensregeln. Warum berufen wir uns kaum auf unsere Ordensregel? Warum setzen wir uns kaum mit ihr auseinan- der? Sie ist Sinn und Zweck unserer brüderlichen Gemeinschaft. Sie ist doch das tragende Element unseres Gelöbnisses. Ordensregeln in der Moderne Wir beklagen es, daß der Grundwas- serspiegel unseres Christentums so weit abgesunken ist, daß er die Wur- zeln immer weniger gläubiger Chris- ten erreicht. Ist es eigentlich mit unse- rem Orden anders? Warum erreichen wir immer weniger Mitstreiter? War- um finden unsere in Amtsfunktionen berufenen Ordensbrüder nur mühsam Unterstützung bei der Durchführung ihrer Aufgaben? Fragen über Fragen, die bei einer ernsthaften Anerkennung und Wahrnehmung der Pflichten laut Ordensregel gar nicht erst entstehen dürften. Eine brüderliche Ordensgemein- schaft, deren Mitglieder ihr Leben im

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BEGRÜSSUNG

familiären und beruflichen Umfeld und nicht in klösterlicher Gemein- schaft gestalten und die sich bewußt als charakterliche und geistige Elite verstehen, stellt hohe Ansprüche, muß aber auch das Anforderungsprofil an die zeitgebundenen Möglichkeiten anpassen. Unabdingbare Forderung – durch die Ordensregeln festgelegt – ist

das durch das Sakrament der Taufe begründete christliche Glaubensbe- kenntnis. Es wird zu Beginn und am Ende eines jeden Konventes durch geistlichen Zuspruch und Gebet abgefordert. Ungeachtet aller theo- logischen Streitfragen und konfessi- oneller Besonderheiten bekennt sich der Orden zur christlichen Ökumene mit dem Ziel der Wiederherstellung der Einheit.

Auch darüber hinaus sind die Ordens- regeln insgesamt absolut bindend. Vor einer Rezeption eines neuen Ordens- mitgliedes bedarf es daher der einge- henden Selbstprüfung während eines einjährigen Noviziates sowie durch die Komturei, ob der Aspirant bereit und fähig ist, die Regeln zu erfüllen.

Herzlich willkommen! Wir begrüßen unsere neuen Ordensbrüder

(Von links nach rechts)

Detlef Buwitt Polizeipräsident a. D *26.11.1937 in Braunschweig Komturei: Nord

Miles Bäßler Rechtsanwalt *15.11.1980 in Wuppertal Komturei: Rhein-Ruhr Walter Cender Key Account Manager *06.07.1961 in Stuttgart Komturei: Rhein-Neckar

Michael Promies Kriminalbeamter

*18.01.1959 in Hannover Komturei: Niedersachsen Thomas Schmädicke Ceremoniar des Tempelherren- Ordens, Deutsches Priorat e. V

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